Kip druckt grün

Die in Neuenhaus, Niedersachsen, ansässige Graphische Betriebe Kip GmbH & Co. KG hat innerhalb von nur zwei Jahren mutig in ein innovatives, ressourcenschonendes Energiesystem investiert, das sich auch wirtschaftlich rentiert. Das Besondere: Ein Blockheizkraftwerk, eine Photovoltaikanlage und zehn Brennstoffzellen arbeiten dabei Hand in Hand.

 

Druckerei Kip realisiert ein nahezu einmaliges Energiesystem aus BHKW, PV und Brennstoffzellen.

 

Drucken, stanzen, kleben: Bei der Druckerei Kip in Neuenhaus laufen viele Maschinen rund um die Uhr auf Hochtouren. Im Dreischichtsystem werden hier innovative Faltschachteln, Werbemittel für den Point of Sale und viele hochwertige, individuelle Printartikel für die Modebranche, die Automobilindustrie, die Lebensmittelindustrie, für Banken und Versicherungen und verstärkt auch für die Kosmetikbranche gefertigt. Der 115 fest angestellte Mitarbeiter und 150 Heimarbeiter zählende Betrieb sieht sich selbst als „Druckerei für aufmerksamkeitsstarke Print-Spezialitäten“. Aufmerksamkeit hat auch das außergewöhnliche Engagement für Umweltschutz und Nachhaltigkeit verdient, das bei Kip weit über spezielle Ökofarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe und umweltfreundliche Papiere und Kartonagen hinausgeht.

In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen sehr konsequent in sinnvolle Maßnahmen zur Energieeinsparung und in eine eigene ressourcenschonende Energieerzeugung investiert. „Als Unternehmen sind wir verpflichtet, verantwortungsvoll mit unseren Ressourcen umzugehen und wir müssen für neue, nachhaltige Energieversorgung offen sein. Wenn es dann noch wirtschaftliche Vorteile gibt, haben wir eine Win-win-Situation für alle“, erklärt Corinna Kip-Geerligs, eine der beiden geschäftsführenden Gesellschafterinnen. Seit 2000 leitet sie gemeinsam mit ihrer Schwester Bettina Kip den 1951 gegründeten Familienbetrieb in zweiter Generation.

 

Der erste grüne Schritt: Energie einsparen

„Vor der Entscheidung, in eine eigene Energieerzeugung zu investieren, haben wir erstmal intensiv geschaut, wo wir Energie einsparen können“, erinnert sich Bettina Kip. Also hat man zunächst die Firmengebäude umfassend nach der aktuellen Energieeinsparverordnung energetisch saniert. „Für weniger Energieverbrauch sorgen neben einer effektiven Dämmung zwei weitere wichtige Maßnahmen: der Austausch aller mechanischen Pumpen gegen energiesparendere Varianten und die Umstellung auf hocheffiziente LED-Beleuchtung“, ergänzt Corinna Kip-Geerligs.

 

Frauenpower und schnelle Entscheidungen

„2017 liefen die ersten Gespräche über die Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung für eine eigene, hocheffiziente Erzeugung von Strom und Wärme im Hause Kip“, erinnert sich Jürgen Freudenreich, der als Projektleiter bei dem in Langen, Niedersachsen, ansässigen Planungs- und Installationsbetrieb Koldehoff Effiziente Energietechnik die Graphischen Betriebe Kip seitdem als Energieexperte professionell begleitet. Kraft-Wärme-Kopplung kannte man bei Kip bis dato kaum. Umso erfreulicher war die schnelle Entscheidung der Geschwister Kip für den Mephisto G34, ein Blockheizkraftwerk (BHKW) der Firma Kraftwerk. „Wir sind ein Familienunternehmen“, kommentiert Corinna Kip-Geerligs diesen Schritt mit wenigen Worten. „Wenn uns etwas sinnvoll erscheint, setzen wir es um.“

 

Baustein 1: Wärmegeführtes BHKW

Das BHKW wurde von Koldehoff wärmegeführt ausgelegt. Das heißt, es versorgt in erster Linie die Produktions- und Verwaltungsgebäude mit Warmwasser und Heizwärme sowie die 2015 angeschaffte KATANA, eine moderne Folienkaschier-Anlage zur Veredelung der Drucksachen, mit Prozesswärme. Mithilfe eines 4.000-Liter-Pufferspeichers wird eine Grundtemperatur gehalten und bei Bedarf werden Peaks abgefedert. Der bei der Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Strom wird weitestgehend im eigenen Hause genutzt. Was nicht gebraucht wird, wird ins öffentliche Netz eingespeist. Da in den Sommermonaten keine Heizung und wenig Warmwasser benötigt werden, liegt die Betriebsstundenzahl nur bei ca. 4.000 bis 4.500 Stunden im Jahr. Trotz dieser relativ geringen Laufzeit beträgt die errechnete Amortisationszeit aufgrund der hohen Eigenstromquote nur 4 Jahre. Und was der Unternehmensleitung in Neuenhaus auch wichtig war: Kip hat im ersten Jahr, im Vergleich zur herkömmlichen Erzeugung von Strom und Wärme, 84 Tonnen CO2 eingespart. Das entspricht einer Fläche von 14 Hektar Wald. Trotz des beeindruckenden Ergebnisses waren sich die Projektbeteiligten schnell einig: Bei der Stromversorgung geht noch was.

 

Bausteine 2 + 3: Eine PV-Anlage und zehn Brennstoffzellen

„Unser nächstes Ziel war es, den Strombedarf unserer Maschinen, Server und Beleuchtungsanlagen so weit wie möglich eigenständig, wirtschaftlich und vor allem klimaschonend zu erzeugen“, erzählt Einkaufsleiter und Controller Daniel Jörling. Dazu hat Kip dem BHKW eine Photovoltaikanlage mit 65 kWp Nennleistung und zehn (!) BlueGEN-15-Brennstoffzellen von SOLIDpower „an die Seite gestellt“.

216 Solarkollektoren auf dem Dach eines Nebengebäudes produzieren knapp 60.000 Kilowattstunden grünen Strom pro Jahr und reduzieren den CO2-Ausstoß um weitere etwa 42 Tonnen jährlich. „Und das machen sie hauptsächlich in den Sommermonaten“, erklärt Jürgen Freudenreich. „Nämlich genau dann, wenn das wärmegeführte BHKW kaum Strom liefert. Um ganzjährig die Strom-Grundlast in der Nacht und an den Wochenenden zu decken, haben wir die Ergänzung des Systems um Brennstoffzellen empfohlen.“ Mit einer Stromleistung von 15 kW decken die zehn BlueGEN-15-Brennstoffzellen von SOLIDpower die durch den Betrieb der Server und Druckmaschinen recht hohe Grundlast des Betriebes in der Nacht und am Wochenende optimal ab.

„Ein Vorteil der BlueGEN-15-Brennstoffzellen ist ihre kompakte Größe; sie sind nicht größer als eine herkömmliche Waschmaschine. Außerdem sind sie absolut leise im Betrieb, es gibt ja keine mechanischen Teile“, sagt Jürgen Freudenreich. Deshalb können die Anlagen nahezu überall im Unternehmen aufgebaut werden, wo ein Erdgasanschluss und eine Abgasleitung vorhanden sind. Die Abgasführung im Vorraum eines ehemaligen Heizungsraums wurde für die Installateure von Koldehoff dann aber doch zu einer kleinen Herausforderung. Aufgrund der baulichen Gegebenheiten mussten die Brennstoffzellen über eine neun Meter lange Querleitung mit dem Kaminanschluss an der gegenüberliegenden Raumseite verbunden werden.

 

Brennstoffzellen als Konstante im System

Gemeinsam erzeugen die drei Systeme – BHKW, Photovoltaik und Brennstoffzellen – 50 Prozent des Stroms, den der Betrieb im Jahresmittel benötigt. „Und der Strom, den wir ergänzend aus dem Versorgungsnetz beziehen, ist 100 % zertifizierter Ökostrom“, freut sich Jörling. „Die Energieerzeugung mit BHKW und PV-Anlage hat sich von Anfang an gelohnt, aber in der Kombination mit den Brennstoffzellen wird das System jetzt richtig rund“, betont Jörling. Die Brennstoffzellen sind die Konstante im System; sie erzeugen kontinuierlich und zuverlässig emissionsarmen Strom – 130.000 kWh pro Jahr, rund um die Uhr und ohne Einschränkungen.

 

Langfristige Investition in Umwelt- und Klimaschutz

„Es kommt nicht oft vor, dass ein Unternehmen drei verschiedene Stromerzeugungsanlagen sein Eigen nennt. Bei der Realisierung unserer Idee war es daher auch eine Herausforderung, die Anforderungen des öffentlichen Stromnetzbetreibers in enger Absprache mit den Behörden zu erfüllen“, so Jörling. „Am Ende konnten wir aber ein gesamtheitliches Konzept erarbeiten, das alle Beteiligten sehr zufriedenstellt.“

Mit seinem Energiekonzept aus Brennstoffzellen, BHKW und PV-Anlage ist Kip ein mutiger Vorreiter in puncto nachhaltige Energieerzeugung. Die Hälfte des Jahresstromverbrauchs von ca. 730.000 kWh wird heute dezentral im eigenen Hause erzeugt. „Bei aller Begeisterung für umweltfreundliche Technologien: Natürlich müssen sich Investitionen für ein Unternehmen auch wirtschaftlich lohnen“, weiß Bettina Kip. Dazu hat die Unterstützung der Kreditanstalt für Wiederaufbau maßgeblich beigetragen. Um die Etablierung der Technologie zu beschleunigen, fördert sie die Anschaffung von Brennstoffzellen mit je 12.450 Euro und übernimmt so etwa die Hälfte der Anlagenkosten. „Bei der Frage nach der Amortisation denken wir bei Investitionen in den Umwelt- und Klimaschutz gern langfristig. Als mittelständisches Familienunternehmen mit Tradition haben wir die Kontinuität und Stabilität, zehn Jahre für die Amortisation einzukalkulieren“, ergänzt Corinna Kip-Geerligs. Eine weitere PV-Anlage ist bereits im Gespräch.